Staatsangehörigkeit

Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt

Der Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt, durch Erklärung sowie durch Annahme als Kind ist ausschließlich im Staatsangehörigkeitsgesetz geregelt. Durch Geburt wird deutscher Staatsangehöriger, wer einen deutschen Elternteil hat. Es spielt inzwischen nach aktueller Rechtslage keine Rolle mehr, wo das Kind geboren wird.

Seit der Neuregelung des Staatsangehörigkeitsrechts aus dem Jahr 2000 gilt gleiches für in Deutschland geborene Kinder von Ausländern mit langjährigem - mindestens acht-jährigem erlaubtem - und unbefristetem Aufenthalt in der Bundesrepublik. Allerdings haben Kinder, die aufgrund dieser Regelung die deutsche Staasbürgerschaft erworben haben, die sogenannte "Optionspflicht", d.h. sie müssen sich bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres entscheiden, welche Staatsangehörigkeit sie behalten wollen. Die "Optionspflicht" greift erstmals seit Beginn 2013, betrifft als jetzt zunehmend junge Migranten. Hier besteht aktuell dringender Handlungsbedarf.

Die deutsche Staatsangehörigkeit wird ebenso erworben von Kindern, die von Deutschen bis zu ihrem 18. Lebensjahr adoptiert werden (§ 6 StAG).

Schließlich ist in § 5 StAG das Erklärungsrecht geregelt für sogenannte Altfälle, d.h. für nichteheliche Kinder eines deutschen Vaters und einer ausländischen Mutter, die vor dem 1. Januar 1993 geboren sind. Die Regelung füllt eine Gesetzeslücke für nichteheliche Kinder deutscher Väter, die bis 1993 lediglich die Möglichkeit der Einbürgerung nach § 10 Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes besaßen.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist bei zweifelhaftem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt, Erklärung oder Adoption in der Regel ein Feststellungsantrag bei der Staatsangehörigkeitsbehörde erforderlich.

Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Sammeleinbürgerung

Eine Reihe von Gesetze enthalten Regelungen, die sich mit den Folgen staatsbürgerlicher Maßnahmen im 3. Reich auseinandersetzen. So sind deutsche Staatsangehörige etwa solche Personen, denen im 3. Reich im Wege der Sammeleinbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit im Ausland verliehen worden war. Dieses kann auch für deren Abkömmlinge bedeutsam sein.

Vertriebenenverfahren

Neben dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt kann der Erwerb durch die Ausstellung der Bescheinigung gemäß § 15 des Bundesvertriebenengesetzes erworben werden (§ 7 StAG). Mit der Bescheinigung erhalten deutsche Volkszugehörige aus dem Ausland als Spätaussiedler die Erlaubnis sich auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland niederzulassen (sog. Aufnahme). Seit der jüngsten Änderung der Staatsangehörigkeitsvorschriften ist der Erwerb der Staatsangehörigkeit nunmehr unmittelbar an die Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 BVFG gekoppelt. Ein Einbürgerungsverfahren, wie es früher obligatorisch war, ist nicht mehr erforderlich. Für Altfälle aus dem Vertriebenenverfahren, also für solche, die die Bescheinigung nach § 15 BVFG vor der Rechtsänderung erhalten haben, aber noch nicht eingebürgert waren, gibt es die Altfallregelung in §§ 3 Nr. 4 a, 40 a StAG.

Die Voraussetzungen der Ausstellung der Bescheinigung sind im Bundesvertriebenengesetz im Einzelnen geregelt. Das Verfahren ist in der Regel vom Herkunftsland aus über die jeweilige deutsche Botschaft zu betreiben. Die Voraussetzungen der Anerkennung als Vertriebener oder Spätaussiedler sind durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in den letzten Jahren erheblich verschärft worden. Zuständig für das Verfahren ist das Bundesverwaltungsamt.

Einbürgerung

Wer nicht deutscher Staatsangehöriger durch Geburt, Erklärung, Adoption oder Aufnahme nach dem Bundesvertriebenengesetz ist, kann die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erwerben. Unter bestimmten Voraussetzungen hat er Anspruch auf die Einbürgerung. Die Einbürgerung ist seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 einheitlich im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) geregelt. Geregelt ist hier die Anspruchseinbürgerung in § 10 StAG, und die Ehegatten- oder Lebenspartnereinbürgerung in § 9 StAG. Das Gesetz enthält außerdem zwei wichtige Vorschriften zur Ermessenseinbürgerung: Zum einen die Ermessenseinbürgerung ehemaliger Deutscher und dessen Angehöriger in § 13 StAG, zum anderen die Ermessenseinbürgerung von Ausländern in § 8 StAG. Wer sich einbürgern lassen will, muss regelmäßig bestimmte Wartezeiten erfüllen und integriert sein.

Die Ausgestaltung des Ermessens bei Ermessenseinbürgerungen ist durch Verwaltungsvorschriften mehr oder weniger derart umfassend geregelt, daß für die eigentliche Ermessensausübung leider nicht mehr viel Raum bleibt.

Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Vertrauensschutz

Zusammen mit dem Richtlinienanpassungsgesetz wurde in § 3 Abs.2 StAG eine Rechtsgrundlage für den Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Vertrauensschutz geschaffen. Ein solcher Erwerb ist möglich, wenn der Betroffene langjährig als deutscher Staatsangehöriger behandelt wurde und er dieses nicht zu vertreten hat.

Doppelte Staatsangehörigkeit

Das deutsche Recht sieht zwar grundsätzlich keine doppelte Staatsangehörigkeit vor, es gibt aber eine Reihe von Durchbrechungen. Die doppelte Staatsangehörigkeit kann etwa erworben werden durch Geburt, wenn die Eltern unterschiedliche Staatsangehörigkeiten haben und die Staatsangehörigkeitsgesetze beider Staaten den Geburtserwerb vorsehen oder im Falle des Erwerbs der deutschen Staatsangehörgkeit aufgrund langjährigen Aufenthalts in der Bundesrepublik gemäß Art. 4 Abs. 3 StAG. Im letztgenannten Fall ist aber die "Optionspflicht" zu beachten.

Die doppelte Staatsangehörigkeit ist auch möglich, wenn die Einbürgerungsvoraussetzungen vorliegen, ein grundsätzlich erforderlicher Verlust der alten Staatsangehörigkeit aber nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Das ist z.B. bei anerkannten Asylberechtigten der Fall.

Der Rückerwerb einer früheren Staatsangehörigkeit kann im Übrigen von der Einbürgerungsbehörde - vorher - im Wege des Ermessen erlaubt werden.

Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit

Ein Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit ist nur unter engen Voraussetzungen möglich, etwa dann, wenn ein deutscher Staatsbürger die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates annimmt. Das gilt seit dem 1. Januar 2000 auch dann, wenn er in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Betroffene müssen dann aufenthaltsrechtlich aufgefangen werden. Nach § 38 Abs. 1 AufenthG hat ein ehemaliger Deutscher einen Anspruch auf einen Aufenthaltstitel, wenn er seit mindestens einem Jahr in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Der Antrag muss innerhalb von sechs Monaten seit Kenntnis des Verlustes gestellt werden.

Staatenlosigkeit

Wer eine Staatsangehörigkeit nicht besitzt, ist staatenlos. Staatenlosigkeit entsteht durch automatischen oder behördlichen Entzug sowie durch freiwillige Aufgabe der Staatsangehörigkeit.

In anderen Staaten gibt es zum Teil sehr unterschiedliche Regelungen. So haben einige Nachfolgestaaten der Sowjetunion Regelungen in den jeweiligen Staatsangehörigkeitsgesetzen, wonach langer Auslandsaufenthalt zum automatischen Verlust der jeweiligen Staatsangehörigkeit führen kann. Das ist völkerrechtlich wohl bedenklich. Andere Staaten lassen einen Verlust der Staatsangehörigkeit dagegen überhaupt nicht zu.

Die Staatenlosigkeit führt in vielen Staaten zu ganz erheblichen Einschränkungen der Rechtssphäre des Betroffenen. Zum Abbau der Staatenlosigkeit hat die Völkergemeinschaft die Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit vom 30. August 1961 und zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit vom 13. September 1973 verabschiedet. Die Bundesrepublik Deutschland hat beide Übereinkommen mit Gesetz vom 29. Juni 1977 ratifiziert. Bislang sind den Übereinkommen nur wenige Staaten beigetreten. Einige Staaten haben allerdings den Übereinkommen entsprechende gesetzliche Vorschriften, ohne die Übereinkommen ratifiziert zu haben.

Die Übereinkommen führen unter bestimmten Voraussetzungen zum erleichterten Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Anwendung der Übereinkommen allerdings voraus, daß die betroffene Person einen legalen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat, also in Besitz eines Aufenthaltstitels ist. Staatenlose Asylbewerber oder geduldete Personen genießen somit grundsätzlich nicht den Schutz der Übereinkommen.

Allerdings kann für diesen Personenkreis die Staatenlosigkeit gleichwohl erhebliche Bedeutung haben:

Zum einen kann der Entzug der Staatsangehörigkeit durch den Herkunftstaat als asylerhebliche Verfolgung zu werten sein. Allerdings gehen die Verwaltungsgerichte zum Teil davon aus, daß mangels drohender Abschiebung eine Wiederholungsgefahr politischer Verfolgung auszuschließen sei und ein Asylantrag daher unbegründet sei. Diese Entscheidungspraxis kann ansich nur gelten, wenn die Herkunftsstaaten den inzwischen staatenlos gewordenen tatsächlich auch nicht wieder aufnehmen. Zudem geht die Genfer Flüchtlingskonvention davon aus, dass auch ein Staatenloser Flüchtling im Sinne der Konvention sein kann.

Die Staatenlosigkeit kann zum anderen ein rechtliches Abschiebungsverbot sein.

Die Abschiebung eines staatenlosen Ausländers kann sich als unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen. Dieses wäre ein rechtliches Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 2 oder Abs.5 AufenthG.

Ein rechtliches Abschiebungsverbot kann sich auch aus § 60 Abs.7 Satz 1 AufenthG ergeben, wenn der betroffene Staatenlose in dem Zielstaat der Abschiebung aufgrund seiner Staatenlosigkeit faktisch rechtlos wird und soweit unter das Existenzminimum fällt, daß er individuell von einer erheblichen und unmittelbaren Lebensgefahr bedroht ist. Ebenso kann ein solches Abschiebungsverbot vorliegen, wenn kostenlose erforderliche medizinische Versorgung nur Staatsangehörigen des Zielstaates zuteil wird und der Betroffene wirtschaftlich nicht in der Lage ist, die lebenswichtige medizinische Versorgung aus eigener Kraft sicher zu stellen. Das ist unter Auswertung der Rechts- und Sachlage der jeweiligen Staaten zu überprüfen.

Schließlich kann die Staatenlosigkeit zur Annahme eines tatsächlichen Abschiebungshindernisses gemäß § 60a AufenthG führen. Das ist der Fall, wenn der Herkunftsstaat nicht - mehr - bereit ist, den Betroffenen wieder aufzunehmen. Es gilt das völkerrechtliche Gewohnheitsrecht, daß Abschiebungen von Personen von einem Staat in den anderen nur mit Zustimmung des Zielstaates erfolgen dürfen. Lehnt dieser die (Wieder-) Aufnahme ab, besteht ein tatsächliches Abschiebungshindernis. Für die Frage des dauerhaften Verbleibs in der Bundesrepublik Deutschland ist in diesem Falle dann entscheidend, ob der Betroffene dieses Abschiebungshindernis in zumutbarer Weise - etwa durch Wiedereinbürgerungsanträge oder Erklärungen über eine freiwillige Rückkehrbereitschaft bei der Botschaft - beseitigen kann. Einige Staaten sehen eine solche Wiedereinbügerung gesetzlich nicht oder nur sehr eingeschränkt vor. Ist dieses der Fall, hat der Betroffene Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs.5 AufenthG.

Aufenthaltsrechtlich problematisch ist die Zeit bis zur Feststellung der Staatsangehörigkeit bzw. Staatenlosigkeit. Häufig werden Ausländer mit Laissez-Passer-Papieren abgeschoben, obwohl die Staatsangehörigkeit "ungeklärt" ist. Laissez-Passer-Papiere bestätigen nur die Aufnahmebereitschaft des Staates, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, treffen hingegen nicht notwendigerweise eine Aussage über die Staatsangehörigkeit. Die Staatsangehörigkeit ist Grundlage für die rechtlichen Behandlung des Betroffenen in vielen Rechtsbeziehungen. Meiner Auffassung nach stellt sich die Abschiebung von Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit zumindest dann als unmenschliche Behandlung dar, wenn der mögliche Verlust der Staatsangehörigkeit nicht auf einem vorwerfbaren Verhalten des Betroffenenen beruht und er sich selbst redlich um die Klärung der Frage der Staatsangehörigkeit bemüht.

Aktualisiert am: 19.12.2019